Auch in Zeiten von Home Office gibt es Spannungen in Teams. Einige verschärfen sich durch die Situation sogar oder schwelen unter der Oberfläche weiter vor sich hin, bis es irgendwann kracht. Für die Führungskraft sind diese Spannungen schwerer zu erkennen, und eine Gelegenheit zu finden, sie konkret anzusprechen, ist nicht immer einfach. Was also tun?
Obwohl virtuelle Formate für viele Teams in den Unternehmen inzwischen selbstverständlich geworden sind, stößt eine virtuelle Klärung von Spannungen und Konflikten oft auf Vorbehalte: „Das kann ich mir nicht vorstellen. Kann man zu kritischen Themen so überhaupt Kontakt aufbauen? Wie soll ich die Körpersprache von Kollegen wahrnehmen? Muss man sich dazu nicht direkt in die Augen schauen? Macht man es so nicht schlimmer als besser? Sind wir nicht zu weit weg voneinander?” Diese Bedenken sind verständlich, und unbegründet, wenn die passenden Methoden zur Konfliktbearbeitung eingesetzt werden. Ein Kundenbeispiel verdeutlicht das.
DIE AUSGANGSSITUATION
Für ein Team mit neun Personen war ein Vor-Ort-Workshop zur Klärung vorhandener Spannungen fest geplant. Dann kam Corona – und Home Office. Eine virtuelle Durchführung konnte das Team sich nicht vorstellen, also einigte man sich auf eine Verschiebung. Einige Wochen später war klar: Die Zeit im Home Office wird länger und länger. Der Workshop muss entweder virtuell stattfinden oder auf unbestimmte Zeit ausfallen. Damit war die Entscheidung für eine virtuelle Variante gefallen. Die Mitarbeiter waren zu diesem Zeitpunkt nur teilweise an virtuelles Arbeiten gewöhnt. Tools wie Whiteboards etc. wurden bisher nicht genutzt.
LOS GEHT'S
Wie im Präsenzformat treffen die Führungskraft und die Prozessmoderatorin im Vorgespräch Verabredungen, besonders wichtig:
- Die Führungskraft ist bereit, auch Kritisches zum eigenen Handeln zu hören und auszuhalten.
- Das Ziel: mehr Verständnis füreinander und der Ansatz einer Konfliktlösung. Es ist aber auch klar, dass am Ende der 1,5 Tage nicht alles „gut sein muss und kann”.
- Ausreichend Pausen sind eingeplant.
- Der technische Aufwand für die Teilnehmenden wird so gering und einfach wie möglich gehalten. Das heißt, neben der Videokonferenz keine weiteren Tools.
WIE IST ES GELAUFEN?
- Die 1,5 Tage wurden von allen Konfliktparteien gut genutzt. Die Klarheit über die Situation hat allen Teilnehmenden Erleichterung verschafft.
- Das virtuelle Format war auch für die Ungeübten kein Problem. Die Situation im Home Office war schnell vergessen, die Dialoge nahmen einen natürlichen Lauf.
- Einzelarbeit konnte einfach durch „Kamera aus“ realisiert werden.
- Analoges Arbeiten mit Stiften und Papier war in der Anfangsphase möglich und erwünscht. Skizzen wurde später durch die Prozessmoderation mit den Teilnehmenden am Bildschirm geteilt.
- Alle waren während der Zeit voll dabei, auch wenn nicht alle von allen Themen gleichermaßen betroffen waren.
- Mittagspausen oder Pausen generell waren klar definierte Rückzugszeiten für die Teilnehmenden – im Unterschied zu Präsenzformaten, bei denen das nicht immer zu gewährleisten ist.
- Wie in den Präsenzformaten auch, ist die Prozessmoderatorin in den Dialogphasen gelegentlich in die Rolle der Teilnehmenden gewechselt. Auch zur hier genutzten Technik des Doppelns waren die Rückmeldungen positiv.
- Die Tiefe der Dialoge und die damit einhergehenden Emotionen waren vergleichbar mit Präsenzformaten.