OKR-Einführungen erfolgreich gestalten – eine integrale Betrachtung
Eine OKR-Einführung ist ein herausforderndes Change-Projekt, das Prozesse und Strukturen sowie Werte und Verhaltensmuster berührt und hinterfragt. Häufig werden in Organisationen Probleme sichtbar, die schon länger existieren, bisher aber nicht ans Licht gebracht wurden. Die meisten OKR-Seminar- und Beratungsangebote betrachten diese Herausforderungen allerdings nur unzureichend und bereiten OKR-Master, Führungskräfte und Projektverantwortliche nicht auf die zu erwartende Komplexität vor.
Mit dem OKR Plus-Ansatz soll diese Lücke geschlossen werden. Der Ansatz betrachtet OKR aus einer ganzheitlichen Perspektive und ermöglicht es, integrative Lösungsansätze zu entwickeln. Es geht nicht nur um OKR-Fachwissen, sondern um die Themen, die den Erfolg von OKRs maßgeblich beeinflussen: Leadership, Transformationssteuerung und Verbindung zur Strategie.
Was sind OKRs?
Objectives und Key Results (OKR) sind ein Ansatz zur agilen Strategieumsetzung durch gemeinsame Zielvereinbarungen. Sie übersetzen die abstrakte Strategie in messbare Ziele – Objectives und Key Results – und sorgen so dafür, dass die Strategie im Tagesgeschäft an Relevanz gewinnt. Jedes Team formuliert Objectives, die beschreiben, wo es hingehen soll und Key Results, die die Objectives mit messbaren Kennzahlen unterlegen. OKRs schaffen Klarheit für jeden Einzelnen: „Wie zahlt das, was ich gerade tue, auf die Strategie ein.“
OKRs sind transparent über alle Hierarchieebenen hinweg und ermöglichen Selbstorganisation in Teams: Wenn klar ist, wohin es gehen soll, kann die Umsetzung selbstverantwortlich bei den Teams liegen. Charakteristisch für OKRs ist außerdem, in kürzeren Zielzyklen und nicht in Jahreszielen zu denken. So kann die Organisation schneller auf Veränderungen reagieren. Über Routinen, z.B. Check-Ins und Retrospektiven, und klare Prinzipien, z. B. die Transparenz aller Ziele, ermöglichen OKRs die Veränderung der Zusammenarbeit, von Führungsrollen und der Art und Weise wie Teams über Leistung und Erfolg sprechen. OKRs sind aus dieser Perspektive ein Instrument zur Kulturveränderung und Organisationsentwicklung.
Dieser breiteren Betrachtung von OKRs folgen wir hier unter dem Titel OKR Plus und erklären, was hinter dem Begriff steckt.
Das integrale Modell von Ken Wilber
Mit dem integralen Modell von Wilber lassen sich vier Perspektiven auf die Wirklichkeit unterscheiden: KÖNNEN, WOLLEN, SOLLEN, DÜRFEN (siehe Abbildung 1). Jeder der Quadranten spiegelt dabei die subjektive oder objektive und individuelle oder kollektive Perspektive wieder und ermöglicht so, einen ganzheitlichen Blick auf eine Situation zu werfen.
In diesem Fall stellen wir das Phänomen „OKR-Einführung“ in die Mitte des Quadranten und betrachten diese aus einer ganzheitlichen und strukturierten Perspektive (Esbjoern-Hargens, 2009). Anhand des integralen Modells von Ken Wilber machen wir die verschiedenen Ebenen der Herausforderungen greifbar.
Objectives and Key Results (OKR)
OKRs sind ein Ansatz, bei dem die Strategie in konkrete Ziele und messbare Ergebnisse für Bereiche und Teams übersetzt wird.
Abbildung 1: Vier-Quadranten-Modell von Ken Wilber adaptiert
Es geht bei OKR Plus nicht nur um die OKR-Methode, sondern auch um die Themen: Strategie, Leadership und Change
Warum OKR plus?
Zahlreiche OKR-Projekte unserer Kunden haben gezeigt: Die Einführung und Konfiguration des OKR-Ansatzes birgt viele Herausforderungen. Das liegt daran, dass OKR tradierte Prozesse, Strukturen und Verhaltensmuster in der Organisation berührt und hinterfragt. Im Grunde wirkt OKR wie ein Röntgengerät, in dem Knochenbrüche sichtbar werden. Dabei macht das Röntgengerät nicht nur dysfunktionale Zielmanagementprozesse und Aufbaustrukturen sichtbar. Die Einführung von OKRs deckt beispielsweise bestehende Konflikte zwischen Bereichen, fehlende Führung und mangelnde Kooperation in Teams auf und macht diese besprechbar.
Teilweise sind die Phänomene, die mit OKRs einhergehen, sehr gut greifbar (z.B. dysfunktionale Aufbauorganisation), teilweise sind sie eher subtil (z.B. fehlende Führung, mangelnde Abstimmung zwischen Teams). Diese verschiedenen greifbaren und weniger greifbaren Ebenen der Herausforderungen wollen wir mit der OKR Plus-Perspektive in den Blick rücken. Denn gut gesteuert und produktiv bearbeitet, bergen die Herausforderungen und auftretenden Spannungen eine große Chance für die Weiterentwicklung der gesamten Organisation.
Spannungen im Kontext der OKR-Einführung
Dabei ist eines wichtig festzuhalten: Viele der Herausforderungen, die durch die Einführung von OKRs sichtbar werden, entstehen nicht durch die Einführung von OKR. Sie existieren schon lange, wurden bisher jedoch noch nicht sichtbar und besprechbar gemacht. Nichtsdestotrotz tauchen die Spannungen im Kontext der OKR-Einführung auf und sollten in diesem auch aufgefangen und bearbeitet werden. Dafür braucht es erstmal einen klaren Blick auf die Dinge, die OKRs potenziell sichtbar machen können.
Viele der Herausforderungen, die durch die Einführung von OKRs sichtbar werden, entstehen nicht durch die Einführung von OKR
PRACTICE WHITEPAPER #04
OKR-Einführungen erfolgreich gestalten
EINE INTEGRALE BETRACHTUNG
von Julia Zirn
- Lernen Sie, welche Herausforderungen ein OKR-Einführungsprozess mit sich bringt.
- Erkennen Sie, wieso die OKR-Einführung ganzheitlich betrachtet werden sollte.
- Erfahren Sie, was sich hinter OKR Plus verbirgt und warum der Ansatz für Ihr OKR-Projekt zielführend ist.
- Analysieren Sie Ihren OKR-Einführungsprozess ganzheitlich und leiten daraus konkrete Handlungsempfehlungen ab.
Registrieren Sie sich mit Ihrer E-Mail-Adresse, um das Whitepaper herunterzuladen:
Herausforderungen und Lösungsansätze von OKR-Einführungen
Im Folgenden betrachten wir die Herausforderungen und möglichen Lösungsansätzen einer OKR-Einführung aus den vier Perspektiven der integralen Matrix.
WOLLEN
Dieser Wilber-Quadrant betrachtet die individuelle subjektive Perspektive einer OKR-Einführung. Hier stehen das Denken, Fühlen und die Haltung der handelnden Akteure im Fokus.
Herausforderungen
Etwas subtiler sind im Vergleich zum KÖNNEN Herausforderungen, die in gewachsenen Überzeugungen, Haltungen und dem Willen liegen, wirklich etwas zu verändern. Diese Aspekte im Blick zu haben, ist besonders wichtig, um über die Einführung von OKRs eine kulturelle Veränderung in der Organisation zu bewirken.
- "Warum“ unklar: Ablehnung der neuen Methode, weil das ”Warum” nicht klar ist („Nicht schon wieder ein neues Tool“).
- Angst vor Fehlern und radikaler Transparenz: Mitarbeitende haben Angst, dass das Instrument OKR missbräuchlich zur Kontrolle und dem Aufdecken von Defiziten verwendet wird.
- Zusatzaufwand: OKR wird als zusätzlicher Aufwand gesehen und der direkte Mehrwert wird nicht erkannt.
- Angst vor Macht- und Kontrollverlust: Führungskräfte haben Angst, Status und Reputation zu verlieren und lassen sich nicht auf die neue Rolle ein.
Mögliche Lösungsansätze
Über welche Hebel lässt sich das WOLLEN, also Überzeugungen und Haltungen, beeinflussen? Hier einige Lösungsansätze, die sich in der Vergangenheit bewährt haben:
- Change-Kommunikation: Die Entwicklung und Vermittlung eines klaren „Warum“ für die OKR-Einführung gemeinsam mit dem Führungsteam ist ein wichtiger Baustein der Change-Kommunikation. Wie bei jedem Veränderungsprozess sollte die Kommunikation gerade zum Start des Projekts ein klar definiertes Arbeitspaket sein.
- Workshop im Führungsteam: Um Ängsten, Unsicherheiten und falschen Erwartungen der Mitarbeitenden zu begegnen, ist es wichtig, dass die Führungsmannschaft überzeugt ist und glaubwürdig erklären kann, wofür OKRs eingesetzt werden und wofür nicht. Voraussetzung dafür ist ein tiefgehendes Verständnis und die Auseinandersetzeng in einem gemeinsamen Workshop.
- OKRs für den OKR-Rollout: OKR-Prinzipien vorzuleben, schafft Vertrauen, ein gutes Instrument dafür ist z. B. die Formulierung von OKRs für die OKR-Einführung. Daran kann sich das Projektteam messen und Ergebnisse transparent machen.
- Interviews führen: Zu Beginn des Einführungsprozesses hat es sich bewährt, Interviews mit Führungskräften, Multiplikator:innen und ausgewählten Mitarbeitenden zu führen. Kritische Geister werden so abgeholt und die Mitarbeitenden fühlen sich mit ihrer Position und als Individuum ernst- und mitgenommen.
KÖNNEN
Dieser Wilber-Quadrant betrachtet die individuelle objektive Perspektive einer OKR-Einführung. Hier stehen Wissen, Fähigkeiten und sichtbare Verhaltensweisen im Fokus.
Herausforderungen
Das Arbeiten mit einem neuen Zielmanagement-Ansatz erfordert neue Kompetenzen und Fähigkeiten, aber auch neue Verhaltensweisen und Deutungen. Herausforderungen sind zum Beispiel:
- Neue Kompetenzen: Unsicherheit im Umgang mit der Methodik, der Formulierung der OKRs und der Durchführung von OKR-Workshops – die ersten OKR-Workshops sind häufig holprig!
- Neue Verantwortung: Mitarbeitende sind plötzlich in der Verantwortung, eigene Ziele zu formulieren und benötigen entsprechende Kompetenzen und Befugnisse.
- Neue Formate der Zusammenarbeit: OKR erfordert neue, ungewohnte Formen der Abstimmung und Zusammenarbeit (z. B. Check-Ins und Alignment).
- Neue Führungsrolle: Führungskräfte benötigen die entsprechenden Kompetenzen, um ihre neue (agile) Führungsrolle wahrnehmen zu können und ihr Verhalten entsprechend anzupassen (z. B. weniger Micromanagement, mehr Selbstorganisation der Teams).
Mögliche Lösungsansätze
Bereits hier wird deutlich, dass eine reine OKR-Methoden-Schulung zu kurz greift, um Mitarbeitende und Führungskräfte für die erfolgreiche Arbeit mit OKRs zu befähigen. Ansatzpunkte können sein:
- OKR Plus Methodenwissen: OKR-Methodenwissen sollte mit plus-Aspekten kombiniert werden: mit dem Einüben von neuen Meetingformaten, Basiswissen zu Teamdynamiken, erfahrungsbasierten Übungen zum Thema Kulturentwicklung (z. B. Fehlerkultur).
- Agile Leadership: Um die neue Führungsrolle leben zu können, brauchen Führungskräfte entsprechende Schulungsangebote, wie z.B. Agile Leadership Classes oder Agile Leadership Coachings. Auf Top-Management-Ebene funktionieren erfahrungsbasierte OKR-Simulationen gut.
- Facilitation: OKR-Master sind Prozessbegleiter:innen und Fachexpert:innen in einem. Rollenklarheit und Facilitation-Kompetenzen sind neben OKR-Wissen deshalb wichtig, um den OKR-Prozess gut halten und steuern zu können.
- Deep Dives: Im Laufe der OKR-Journey kommen immer wieder Fragen zu speziellen Herausforderungen auf (z. B. Alignment-Prozess). Diese können in fokussierten Deep-Dives bearbeitet werden.