Wenn keiner weiß, wie es wirklich wird

Dynamische Steuerung in Zeiten von Krisen

Experten können nicht alles erklären

In Zeiten großer Unsicherheit sehnen sich viele Menschen nach Klarheit und Orientierung. Das gilt auch für die aktuelle Krisensituation durch Corona. Die Suche nach Erklärungen ist in solchen Situationen ein wesentlicher Teil der Bewältigungsstrategien im Umgang mit Unsicherheit. Und bei dieser Suche spielen Expertinnen und Experten eine wichtige Rolle. In den letzten Monaten sind manche Virologinnen und Virologen zu Medienstars geworden. Die meisten von ihnen formulieren vorsichtig und differenziert. Sie wissen, dass lineares Ursache-Wirkungsdenken komplexen Phänomenen nicht gerecht wird, auch wenn Sie eine angenehm einfache Erklärung liefert.

Krisenmanagement ist Chefsache, aber ohne das Zusammenwirken vieler Spezialisten, die als Expertinnen und Experten für unterschiedliche Themen ihr Fachwissen einbringen, fehlt die Informationsbasis für gute Entscheidungen. Um erfolgreich mit Nicht-Wissen und Komplexität umzugehen, ist die Integration unterschiedlicher Perspektiven und die dynamische Steuerung, also ein kontinuierlicher Prozess der Zielüberprüfung und Anpassung erforderlich.

Hyperkomplexität erfordert Austausch

Die Besonderheit der aktuellen Situation besteht darin, dass es sich eben nicht um eine normale Krise, die ihrer Definition nach klar abgrenzbar ist, sondern eine hyperkomplexe Krisensituation handelt, die auf unterschiedlichsten Ebenen und global wirkt. Wenn man die letzten Monate Revue passieren lässt, dann wird deutlich, dass die Summe der Wechselwirkungen in Gesellschaft und Wirtschaft von keiner Expertin und keinem Experten durchschaut werden können. Ob Politik, Wirtschaft, Medizin, Erziehung, Recht, Kirche, Wissenschaft – für jeden Bereich sind jeweils eigene Fragen zu beantworten und die Antworten für geeignete Maßnahmen und Regeln stehen oft im Widerspruch zueinander. Wenn also in jedem dieser Bereiche nur das getan würde, was für ihn am besten ist, dann wird daraus kein erfolgreicher Gesamtweg entstehen können. Anders gesagt: Ein Gesamtsystem kann nicht dadurch optimiert werden, wenn sich alle Subsysteme gleichzeitig selbst optimieren. Das bedeutet für eine Organisation, gemeinsam den Blick auf die bestmögliche Lösung für das Gesamtsystem auszurichten. Es ist nicht damit getan, dies einmal zu tun und dann quasi im Autopiloten weiterzufahren. Es kommt darauf an, sich immer wieder gemeinsam zu vergewissern, auf welchem Terrain man sich bewegt, wie man unterwegs ist und ob die Ziele passen.

Agil durch die Krise?

Für die Steuerung von Organisationen haben sich dynamische Modelle, die mit Unsicherheit umgehen können, in den letzten Jahren immer stärker durchgesetzt. Diese Modelle geben Unternehmenslenkern ein Instrument an die Hand, um den Weg zum Erreichen der gemeinsamen Ziele flexibel und anpassungsfähig zu gestalten und bei Bedarf die Ziele den Dynamiken anzupassen. Das erfolgt nicht unkoordiniert, sondern systematisch, mit dem Ohr am Markt. Voraussetzung dafür ist eine Haltung, die Fehler zulässt, Tippelschritte wertschätzt und Mut belohnt.

Die Lösungsansätze und Modelle, von denen hier die Rede ist, sind entstanden als eine Antwort auf die sogenannten VUCA-Phänomene, deren enorme Dynamik wir in letzter Zeit alle erlebt haben: vom Restaurantbesitzer über den Supermarktmanager oder Start-Up CEO bis hin zur Führungskraft in Konzernen. VUCA wurde greifbar. Hinter dem Akronym verbergen sich die Begriffe Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität. Begriffe, die die Herausforderungen der zunehmenden Globalisierung, Vernetzung und Digitalisierung beschreiben, auf die Organisationen seit vielen Jahren Antworten suchen. Und zum Teil auch gefunden haben.

Auf Organisationsebene sind flexible Organisationsansätze wie Holacracy, Soziokratie, das Spotify Modell oder Teal Organizations entstanden. Agile Frameworks wie LESS oder SAFE finden zunehmend Verbreitung. Auf der Ebene von Steuerung und Zusammenarbeit haben sich dynamische Zielmanagementansätze wie OKR oder agile Projektmanagementmethoden wie SCRUM oder Kanban enorm verbreitet. Und auf der individuellen Ebene zeigen Ansätze wie Getting Things Done, wie dynamische Steuerung und Selbstorganisation auf persönlicher Ebene funktionieren. Viele Organisationen haben in den letzten Jahren mit diesen Ansätzen experimentiert, einzelne oder ganze Bereiche agil weiterentwickelt und wertvolle Erfahrungen gesammelt. Sie haben damit Voraussetzungen geschaffen, um ihre Anpassungsfähigkeit zu erhöhen und so erfolgreich durch die Krise zu steuern. 

Dynamische Steuerung mit OKR

Ein agiler Ansatz, der insbesondere in der Krise Wirkung entfaltet (hat), ist der OKR-Ansatz. OKR steht für Objectives und Key Results und ist eine Methode für das dynamische, ganzheitliche Management von Zielen und Ergebnissen. Die Methode basiert auf einigen Grundannahmen, die im Kontext der aktuellen Situation nochmal einen Blick wert sind – wer neugierig auf einen grundlegenden Einblick in die Methodik ist, findet diesen hier.

Die Zukunft ist nicht vorhersehbar

Viele Organisationen definieren Ziele für ein bis drei Jahre in der Zukunft und stellen im Jahresverlauf fest, dass sich die zugrundeliegenden Prämissen so stark geändert haben, dass die Ziele keine leitende Funktion mehr haben können. Die OKR Methode geht dahingegen von der Unvorhersehbarkeit der Zukunft aus und bildet dies in einem Prozess ab, der iterativ und hypothesengeleitet ist. Ziele werden vierteljährlich auf Basis von Hypothesen gesetzt und wöchentlich überprüft. Gewonnene Erkenntnisse können in weitere Entscheidungen einfließen und die Unsicherheit der zukünftigen Entwicklungen wird so schrittweise reduziert. Solch ein Vorgehen ist prädestiniert für Krisen wie Corona. Es ermöglicht ein agiles Reagieren, das dennoch systematisch ist. 

Ziele sollten verknüpft und für alle transparent sein

Unternehmensstrategien werden oft deshalb nicht wirksam umgesetzt, weil Transparenz und die Verknüpfung mit der täglichen Arbeit der Mitarbeiter fehlen. Diese strukturelle Lücke schließt der OKR-Ansatz, indem die Unternehmensziele systematisch mit denen der Abteilungen, der Teams und der Mitarbeiter verbunden werden. Außerdem werden Ziele transparent gemacht. Über alle Ebenen hinweg kann so jeder die Ziele der anderen Teams, Abteilungen und Bereiche einsehen. Transparenz und Verknüpfung machen sich in Krisensituationen bezahlt, denn sie verschaffen der Führungsebene (und den Mitarbeitenden) einen Überblick und ermöglichen die schnelle Kommunikation und Umsetzung von angepassten Zielen. Eine Richtungsänderung kann so schnell und geordnet erfolgen. 

Über Strategie sollte gesprochen werden, sonst landet sie in der Schublade

Über Strategie wird selten gesprochen. Vielleicht ein bis zwei Mal pro Jahr mit der Führungskraft in einem bilateralen Gespräch. Die OKR Methode sieht hingegen vor, das Sprechen über Strategie und Ziele (und somit über Prioritäten und Ressourcenverteilung) zu einer Routine zu machen. In wöchentlichen Check-Ins wird gemeinsam auf die Ziele geschaut und geprüft, was der Zielerreichung ggf. im Wege steht und wie man sich gegenseitig unterstützen kann. Diese regelmäßigen Dialoge über die Erreichung von Zielen motiviert und schafft Raum für gemeinsames Lernen. Die Botschaft lautet: Es darf immer auch etwas schief gehen, Hauptsache wir lernen etwas daraus fürs nächste Mal. Wenn sich plötzlich – wie mit Corona – viele Ziele und Aufgaben verändern, kann ein Team, das mit OKR arbeitet, auf Routinen zurückgreifen. In einer Krisensituation schafft dies Sicherheit und Stabilität.

Die OKR Methode setzt genau da an, wo viele Steuerungsinstrumente in der aktuellen Situation an ihre Grenzen kommen. Durch ein iteratives Vorgehen reduziert sie Unsicherheit und Komplexität, ohne sie zu verneinen. Durch Transparenz stellt sie Übersichtlichkeit her und durch Kommunikationsroutinen sichert sie kontinuierlichen Austausch. Und das nicht nur für Organisationen, die schon lange mit dem Ansatz arbeiten. Einige unserer Kunden entschieden sich mit Start der Corona-Krise, den OKR Ansatz zu implementieren und so durch die Krise zu steuern. Bisher sehr erfolgreich.

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Muster erkennen, Perspektiven integrieren und gezielt Impulse setzen - das sind die Stärken von Julia Zirn.

Julia Zirn

Gesellschafterin

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