Interview mit Stefan Heeke, Data Science Manager und Pilot

Der persönliche Blick eines Piloten auf das Thema dynamische Steuerung in der Krise

Lieblingsfilm: Night on Earth

Musik-Richtung: Meine Lieblingsband ist Calexico.

Kaffee- oder Teetrinker: Kaffee

Meistgenutzte App: WhatsApp

Inspirierendes Buch: In the Realm of the Hungry Ghost” von Gabor Mate. Ein kanadischer Arzt, der heroinabhängige Patienten behandelt, führt uns unsere eigene Süchte zum Beispiel nach Status und Konsum vor Augen. Im Kern ein Buch über Nachhaltigkeit.

Kindheitstraum: Pilot

Was hat Deine Arbeit mit Dir als Person zu tun?

Ich durfte mir meinen Kindheitstraum erfüllen und bin mit 50 Jahren von einem sicheren Bürojob ins Cockpit eines Airbus 320 gewechselt und fliege im innereuropäischen Liniendienst.

Als Wirtschaftswissenschaftler und Manager beschäftige ich mich mit personenbezogenen Datenanalysen: Data Science for Social Impact & Policy Innovation (Datenorientierte Gesellschaftspolitik) habe ich zum Beispiel an der Columbia University in New York gelehrt. Als HR-Führungskraft bei der Deutsche Bahn habe ich Datenwissenschaften im Personalbereich eingeführt.

Mein Quereinstieg zum Piloten war für mich auch ein Nachweis das man heute in Deutschland, vielleicht sogar besser als in den USA wo ich lange gearbeitet habe, seine Träume verwirklichen kann. Außerdem war es auch ein persönliches Experiment mit einer zielgerichteten Methodik, im relativ fortgeschrittenen Alter einen kognitiv und körperlich anspruchsvollen Beruf zu ergreifen und gleichzeitig sein “Berufsalter” um einige Jahre zu senken, also im Schnitt die Leistungen eines etwa 10 Jahre jüngeren Kollegen zu erbringen.  

Meine These ist, dass unsere Gesellschaft und die Unternehmen in Deutschland zwar spürbar altern, wir aber viel leistungsfähiger sind als wir glauben

Gab es Situationen oder Erfahrungen in Deinem Leben, die Dir im Umgang mit Corona geholfen haben?

Ich habe drei disruptive Krisen während meines Aufenthaltes in New York erlebt: DotCom Crash, 11. September und Finanzkrise 2008. In den USA ist die Wirkung von Krisen auf den einzelnen viel unmittelbarer als in Europa.

Meiner Erfahrung nach dauert es länger als man denkt, ökonomisch wieder Fuß zu fassen. Die erzwungenen Pausen haben mir persönlich erlaubt, mich frei von organisatorischem Anpassungsdruck neu erfinden zu können. Ich habe Data Science Diplome gemacht, die mir im später im Beruf entscheidende Vorteile gebracht haben.

Die Umwälzungen schaffen Spielräume, sich selbst, die eigene Organisation und unser Zusammenleben neu zu erfinden.

Was oder wer hat Dir in den letzten Monaten besonders imponiert?

Angela Merkel, weil sie ein Beispiel gegeben hat, wie man daten- und evidenzbasiert ein Land durch eine Krise führen kann.

Was ist Deine wichtigste Lernerfahrung aus der aktuellen Krise?

Neue Situationen und die Veränderung der eigenen Rolle schneller zu akzeptieren. Zum Beispiel hat es etwas gedauert, mich während der Krise auf meine neue Rolle als Vollzeit-Vater und Betreuer für meine Tochter einzustellen. Fitness im weitesten Sinne ist mir jetzt wichtig: körperlich, mental und beruflich. Ich weiß nicht genau was kommt, daher möchte ich bereit sein für das was kommt.

Was ist Dein größter Wunsch für die Zukunft?

Das wir nach vorne denken und nicht versuchen die Vergangenheit wiederherzustellen, sondern etwas Neues entstehen kann, auf das wir uns freuen können.