Interview mit Johannes Müller von Workpath

Der persönliche Blick eines OKR-Spezialisten auf das Thema dynamische Steuerung in der Krise

Lieblingsfilm: Eine unbequeme Wahrheit (Davis Guggenheim und Al Gore)

Musik-Richtung: Vielfältig; gerne Hip Hop, aber auch Folk und Klassik

Kaffee- oder Teetrinker: Kaffee

Meistgenutzte App: Mail (dicht gefolgt von Notizen, Hubspot, LinkedIn)

Inspirierendes Buch: Robert Bosch, Leben und Leistung (Theodor Heuss)

Kindheitstraum: Ein Bauernhof mit Seeblick, in meiner Heimat am Bodensee

Was hat Deine Arbeit mit Dir als Person zu tun?

Vieles was mir Freude bereit und was mich ausmacht kommt in meiner Arbeit zusammen. Vor allem gestalte ich gerne (angefangen bei der visuellen Gestaltung und der Entwicklung des Produkts sowie der Marke Workpath, bis hin zur Gestaltung von Workpath als Organisation) und ich genieße dabei die Freiheit, mit einem starken Team fast alles möglich machen zu können. Was mich dabei immer schon besonders motiviert hat, war von Menschen zu lernen die selbst unternehmerisch denken und mit anderen zu arbeiten, die bestimmte Dinge besser können als ich.

Gab es Situationen oder Erfahrungen in Deinem Leben, die Dir im Umgang mit Corona geholfen haben?

Ich denke, als Gründer und Unternehmer sammelt man viele Erfahrungen, die einen auf eine Situationen wie nun mit Corona vorbereiten und man lernt, darin die Chancen zu sehen anstatt sich beunruhigen zu lassen. In den ersten Jahren eines Unternehmens kann zum Beispiel bereits ein großer Kunde, der erst später unterschreibt zu einer finanziellen Bedrohung für die Firma werden. Wir haben gelernt, dass solche externen „Schocks“ oft auch die Gelegenheit bringen, sich nochmal mehr auf seinen Kern und die Weiterentwicklung des Produkts zu konzentrieren, seine bestehende Prozesse zu prüfen. Wirklich gute Beziehungen im Team, aber vor allem auch zu Kunden und zu möglichen Kunden sind für die allermeisten Krisen außerdem nicht anfällig - im Gegenteil: hier zeigt sich oft besonders, ob man sich wirklich aufeinander verlassen und Wert stiften kann.

Was oder wer hat Dir in den letzten Monaten besonders imponiert?

Sicherlich unsere Teams bei Workpath: Der Wechsel in einen 100% Remote Modus fand im März doch relativ kurzfristig innerhalb weniger Tage statt und unsere Kollegen haben das nicht nur gut mitgetragen, sondern waren auch sehr kreativ und proaktiv, mit der Situation umzugehen. Neue Mitarbeiter wurden weiterhin gut ongeboarded und mit kleinen nach Hause gesendeten Paketen herzlich empfangen, Veranstaltungen für unsere Kunden wie das Quarterly wurden zu Online Events und die Teams haben neue virtuelle Formate wie zum Beispiel Yoga Stunden und Workouts, Teamkochen sowie interne Newsletter und Blogs geschaffen. Das hat das Unternehmen weiter zusammengeschweißt, wurde von unseren Kunden sehr geschätzt und gab mir ein gutes Gefühl, auf wie vielen Schultern Workpath inzwischen getragen und weiterentwickelt wird.

Was ist Deine wichtigste Lernerfahrung aus der aktuellen Krise?

Was alles möglich ist, wenn man sich eine gewisse Flexibilität und Resilizenz bewahrt, was aber vielleicht auch weniger relevant ist, als man es bislang angenommen hatte. So sehr ich Wert darauf lege, möglichst viel Zeit mit Kunden zu verbringen und diese auch persönlich zu treffen, so lassen sich manche Reisen und vor allem Flüge in Zukunft vielleicht doch vermeiden. Wir haben beispielsweise den Rollout der Workpath Plattform mit einige Neukunden, unter anderem in Schweden und in Indien, vollständig digital durchgeführt und waren fast ein wenig überrascht, wie gut das funktioniert.

Ich denke, wir waren auch zuvor schon ein flexibler Arbeitgeber, aber wie viele Kollegen habe auch ich in den letzten Monaten nochmal viel dazu gelernt, wann ich für einen guten Austausch lieber im Büro bin und auch ein Meeting Sinn macht, wann für konzentriertes Arbeiten es aber vielleicht auch besser ist, von Zuhause zu arbeiten oder einmal eine Stunde Sport einzubauen.

Was ist Dein größter Wunsch für die Zukunft?

Ich wünsche mir mehr Bewusstsein und Debatte über die Frage, wie wir in Zukunft zusammen leben und arbeiten wollen, welche gesellschaftlichen Modelle wir uns dabei für die Zukunft schaffen wollen. Bei den grundlegenden Veränderungen unserer Wirtschaftswelt, bei denen wir unsere Kunden mit Workpath auch begleiten, geht es um sehr viel mehr als nur um neue Arbeitsweisen, Prozesse oder Geschäftsmodelle. Die disruptiven Kräfte die aktuell in den Märkten wirken, unter anderem durch digitale Geschäftsmodelle und die Plattformökonomie, setzen nicht nur unsere Industrien unter Druck und stellen Organisations- wie auch Geschäftsmodelle aus der Industriezeit in Frage. Sie beeinflussen auch massiv die Beziehung von Mensch und Arbeit, von Menschen untereinander in einer Gesellschaft aber auch von Mensch und Umwelt.

Wenn wir diesen Entwicklungen nicht zum Opfer fallen wollen, sondern sie nach unseren Werten und mit einem ganzheitlichen Bewusstsein mit gestalten wollen, dann ist jetzt die Zeit dafür. Ich würde mir also wünschen, dass wir diese Chance am Scheideweg erkennen und mehr konstruktive, kreative, ideologiefrei Diskussionen führen. Bei zunehmender Automatisierung und dem Einsatz von künstlicher Intelligenz müssen wir beispielsweise mehr über Themen wie ein bedingungsloses Grundeinkommen oder über unser ethische Perspektive auf die Verschmelzung von Mensch und Technologie debattieren. Viele dieser Themen, denen ich teils selbst durchaus skeptisch gegenüber stehe, werden gerade in Deutschland oft noch als verrückte Utopien gesehen, während in China und den USA Realitäten geschaffen werden - das nimmt uns aber die Möglichkeit, einen eigenen Weg zu wählen und zu gestalten. Ich würde mir wünschen, dass wir diese Möglichkeit stattdessen gemeinsam ergreifen.