On the Way to New Work – Neues Arbeiten braucht neue Organisationsstrukturen

Aus dem Buch: „On the Way to New Work – Wenn Arbeit zu etwas wird, was Menschen stärkt“ von unserer Kollegin Swantje Allmers, Michael Trautmann und Christoph Magnussen, erschienen am 31.3.2022

Die Suche nach einer anderen Form des Arbeitens ist keine Utopie

Nachdem er zehn Jahre bei der Unternehmensberatung McKinsey gearbeitet hatte, entschied sich Frédéric Laloux nach einem Coaching-Prozess dafür, selbst als Coach zu arbeiten. Sein Ziel war, Menschen dabei zu unterstützen, sich tiefere Fragen zu stellen, dem eigenen Sinn näherzukommen und besser mit den an sie gestellten Anforderungen umzugehen. Laloux führte unzählige Gespräche mit Führungskräften, die nicht glücklich waren und durch das Coaching den Mut fassten, sich zu verändern – was oft in einen Wechsel des Unternehmens mündete. Eine Arbeit, die ihn glücklich machte, bis ihn die Erkenntnis traf: „So spannend diese Arbeit ist, sie bewirkt eigentlich wenig.“

Der wichtigste Anspruch von New Work besteht darin, dass Arbeit den Menschen stärken soll. Dennoch arbeiten viele von uns in Umfeldern, die Energie kosten, anstatt Energie zu geben. Vielleicht weil wir im Kontext unserer Arbeit nicht wir selbst sein können, eine Fassade aufrechterhalten müssen, uns permanent unter Druck fühlen, um die eigene Position fürchten oder uns mit Themen und Strukturen herumschlagen, die nicht sinnvoll sind und hindern, anstatt zu helfen. Handelt es sich dabei um eine normale Nebenwirkung des Berufslebens, mit der wir uns arrangieren müssen, weil wir dafür bezahlt werden? Oder gibt es andere Formen der Arbeit, die frei davon sind?

Fast alle Menschen arbeiten in einer Organisation

„Was hindert dich daran, die beste Arbeit deines Lebens zu leisten?”

Der Großteil der arbeitenden Bevölkerung ist in Organisationen (auf)gefangen, und während sich unsere Umwelt in den letzten Jahrzehnten stark verändert hat, taten es die meisten Organisationen nicht. Die vielen Fortschritte, die wir technologisch und intellektuell gemacht haben, sind weitestgehend an ihnen vorbeigegangen. Wenn wir Menschen bitten, die Struktur ihres Unternehmens aufzuzeichnen, kommt in den allermeisten Fällen immer noch eine Pyramide dabei heraus, Hierarchien, in denen einige wenige über viele andere bestimmen. Ein Prinzip, das zu Zeiten der industriellen Revolution eingeführt wurde und heute weder unserer dynamischen Welt noch den Bedürfnissen der Mitarbeiter:innen gerecht wird. Gallup erhebt jährlich den Engagement Index, und obwohl dieser 2020 gestiegen ist, haben nur 17 Prozent der Befragten eine hohe emotionale Bindung an ihren Arbeitgeber. 83 Prozent gaben an, eine geringe oder gar keine Bindung an ihren Arbeitgeber zu haben. 5,7 Millionen Arbeitnehmer:innen haben gemäß der Studie innerlich gekündigt, der volkswirtschaftliche Schaden daraus beträgt bis zu 113,9 Milliarden Euro. Eine andere Gallup-Studie ergab außerdem, dass nur 15 Prozent der Befragten in der Arbeit engagiert sind, 67 Prozent gaben an, nicht engagiert zu sein, und die verbleibenden 18 Prozent bezeichneten sich als „aktiv nicht engagiert“, was bedeutet, dass sie die Ambitionen ihres Arbeitgebers sogar bewusst untergraben.

Mangelnde Motivation ist allerdings keine Charakterschwäche. Sie entsteht, wenn unser Umfeld nicht zu uns passt und unsere Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Mit Blick auf die eigene Berufserfahrung gab es bei den meisten Menschen Jobs, in denen sie motiviert waren, viel erreichen konnten und erfüllt nach Hause gingen und Jobs, in denen die Wochen zäh wie Kaugummi waren, die verbleibende Zahl an Urlaubstagen zur wichtigsten Kennzahl persönlicher Freiheit wurde und sie eigentlich nie wirklich glücklich waren. Ob ein Umfeld motivierend ist oder nicht, ist dabei nicht allein eine Frage individueller Präferenzen, sondern oft symptomatisch für die Arbeitsorganisation und Kultur im Unternehmen. In manchen Organisationen wird beispielsweise unglaublich viel Zeit darauf verwendet, vordergründig Konsens zu erreichen, was eine große Zahl an Diskussionen zur Folge hat. Andernorts erinnert das Hierarchiegehabe an Tierdokumentationen oder es werden laufend Beobachtungen geteilt, Reflexionen durchgeführt und Feedbacks gegeben – und das ganz, ohne die eigene Meinung zu sagen. Es gibt allerdings auch Unternehmen, Bereiche und Teams, in denen es anders läuft, in denen Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht und Betriebszugehörigkeit ihre Meinung teilen, Entscheidungen treffen und wenig Zeit darauf verwendet wird, sich selbst zu positionieren.

Klassische Hierarchien haben ausgedient

„Bei Corporates wird 80 Prozent der Energie darauf verschwendet, Karrieren zu sichern. Da wird nicht im Sinne des Outputs gearbeitet, sondern im Sinne der Beibehaltung des Status quo.”

Neues Arbeiten braucht auch einen neuen Rahmen. Der Managementberater und ehemalige Harvard-Professor Gary Hamel beschreibt die vorherrschenden Organisationsstrukturen als eine Mischung aus den militärischen Kommandostrukturen Julius Cäsars und dem technokratischen Gedankengut von Frederick Taylor, welche die effiziente Standardisierung von Prozessen zum Inhalt hatten. Was einst die effizienteste Art und Weise war, größere Einheiten zu organisieren, ist längst zum Hemmschuh von Veränderungsfähigkeit, Innovation und Verantwortungsübernahme geworden. Autoritäre Machtstrukturen sind zu langsam und starr für eine Welt, in der wir schnell und flexibel reagieren müssen. Bevor eine Idee beispielsweise die entscheidungsbefugte Hierarchieebene erreicht, versackt sie im Treibsand zahlreicher anderer Themen oder es vergeht sehr viel Zeit. Allein das führt dazu, dass Menschen vorfiltern und einen großen Teil ihrer Ideen gar nicht erst einbringen beziehungsweise aufgegeben haben, auf Missstände hinzuweisen. Unabhängig von Intelligenz, Kreativität oder Motivation dauert es beispielsweise für Berufsanfänger:innen in einem hierarchischen Unternehmen Jahre, bis sie wirklich Einfluss nehmen können, Jahre, nach denen sie vermutlich genauso angepasst und glattgeschliffen sind wie die eigenen Gedanken und Ideen – ohne Ecken und Kanten. Eine Aussicht, für die mindestens die Generationen Y und Z nicht mehr zur Verfügung stehen.

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On the Way to New Work – Wie Arbeit zu etwas wird, was Menschen stärkt

Von Swantje Allmers, Michael Trautmann und Christoph Magnussen

Erschienen am 31.3.2022

Was steckt hinter New Work, was bringt und wie funktioniert es? Nur selten ist klar, was genau darunter zu verstehen ist. „On The Way to New Work“ ist ein lebensnahes und unterhaltsames Buch für Menschen, die tiefer in das Thema New Work eintauchen wollen. Es möchte Menschen für das Arbeitsleben stärken.

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Organisationen müssen damit aufhören, den Schatz menschlicher Kapazität, Kreativität und Motivation ungenutzt wegzuwerfen

Neue Management- und Arbeitsprinzipien unterstützen dabei, das Potenzial von Mitarbeiter:innen zu entwickeln und zu nutzen, flexibler zu werden und schneller zu lernen. Eine Patentlösung gibt es dafür nicht – aber es gibt viele Unternehmen, die sich auf den Weg gemacht haben und als positives Beispiel dienen. Wichtiger als konkrete Methoden und Vorgehensweisen sind die dahinterliegenden Prinzipien und die Bereitschaft, alte Denkmuster infrage zu stellen und durch etwas Neues zu ersetzen.

Warum Selbstorganisation Motivation und Leistung fördert

„Niemand weiß besser als deine fünf Teamkolleg:innen, wie gut du arbeitest, wie gut du organisiert bist, wie gut du deine Rollen ausfüllst und ob du irgendwas anders machen solltest.“

Der Gedanke an Selbstorganisation behagt nicht allen. Gelegentlich hören wir Aussagen wie „Dann strengt sich ja keiner mehr an!“. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass Misstrauen unberechtigt ist. Selbstorganisierte Teams arbeiten effizienter. Entscheidungen werden schneller und unkomplizierter getroffen, der Aufwand für interne Entscheidungsvorlagen und Reporting fällt überwiegend weg und Verbesserungsideen werden kontinuierlich umgesetzt. Sie sind außerdem motivierter, weil sie Verantwortung und Einfluss haben, selbstbestimmt arbeiten und die Fähigkeiten und Talente innerhalb des Teams besser berücksichtigen. Das ohnehin selten funktionierende Regulativ der Führungskraft wird durch Peer-Pressure ersetzt: „Wenn ich das jetzt schlampig erledige, lasse ich meine Kolleg:innen im Stich.“

Da, wo Raum für intrinsische Motivation entstehen soll, muss Kontrolle ab- beziehungsweise aufgegeben werden. Die Corona-Pandemie hat Raum für mehr Selbstorganisation geschaffen, da viele Menschen (dezentral) von zu Hause arbeiten. Wie machen wir jetzt weiter? Schenken wir Menschen Vertrauen und geben ihnen die Möglichkeit, daran zu wachsen, oder überlegen wir uns Möglichkeiten, um das gewohnte Maß an Kontrolle trotz dezentralen Arbeitens wiederherzustellen?

Gibt es keine Hierarchien mehr?

„Richtige Entscheidungen zu treffen ist eine unverzichtbare Fähigkeit auf allen Unternehmensebenen.”

Doch auch in selbstorganisierten Teams gibt es Formen von Hierarchie. Diese sind allerdings situativ unterschiedlich und resultieren aus einem unterschiedlichen Grad an Expertise. Laloux nennt dies „flexible Hierarchien der Anerkennung, des Einflusses und der Fähigkeiten“. Wer mit einem Thema die größte Erfahrung hat und am meisten darüber weiß, wird hierzu am ehesten einen Vorschlag machen, eine Entscheidung treffen oder eine fachliche Führung übernehmen. Ähnlich, aber etwas konkreter, sieht es in Modellen aus, die mit Rollen arbeiten, wie zum Beispiel Holacracy oder Ableitungen davon. Ein:e Rolleninhaber:in trägt innerhalb der eigenen Rolle die volle Verantwortung und Entscheidungsbefugnis. Es gibt allerdings unterschiedlich große Rollen, die auch in einem Über-/Unterordnungsverhältnis stehen können. Beispielsweise ist die Rolle „Chief Financial Officer“ für die Sicherstellung der Unternehmensliquidität verantwortlich und macht im Rahmen der Rolle Vorgaben, die den Handlungsspielraum der Rolle „Buchhaltung“ begrenzen. Im Unterschied zur klassischen Hierarchie ist es allerdings nicht so, dass eine übergeordnete Rolle in die untergeordneten Rollen hineinregieren kann, wie es ihr gefällt. Der Rolle „Chief Financial Officer“ steht es also beispielsweise nicht zu, Veränderungen im Tagesgeschäft der Buchhaltung vorzunehmen oder sich in dort getroffene Entscheidungen einzumischen. Rollen sind bezogen auf ihren Verantwortungsbereich autonom. Erwachsen hieraus Konflikte, werden diese durch eine Anpassung der betreffenden Rollen integriert. Generell haben die Attribute von Hierarchien, wie Weisungsbefugnisse, die Zugehörigkeit zu bestimmten Gremien oder andere Arten subtiler Schulterklappen, deutlich weniger Relevanz in Organisationen, die sich am Prinzip der Selbstorganisation orientieren.

Selbstorganisation bedeutet allerdings nicht, dass Unternehmen, die sich auf den Weg machen wollen, sofort sämtliche Hierarchien auflösen sollten. Das sorgt meist für mehr Irritation, als dass es hilft. Wir empfehlen, zwischen dem Organisationsmodell, das im Organigramm festgehalten ist, und dem Zusammenarbeitsmodell zu unterscheiden und sich zunächst auf letzteres zu fokussieren. Ein erster Schritt kann auch darin bestehen, gemeinsam mit dem Team zu analysieren, an welchen Stellen ein höherer Grad an Autonomie hilfreich wäre, damit das Team seinen Job besser erledigen kann, und Lösungen zu entwickeln, die diesen Freiraum ermöglichen.

cidpartners – Nutzen Sie unsere Erfahrung in der Organisationsentwicklung

Dass sich Organisationen verändern müssen, um den Anforderungen unserer dynamischen Welt gerecht zu werden, ist keine Neuigkeit. In den letzten Jahren hat sich allerdings auch der Druck von Seiten der Führungskräfte und Mitarbeiter:innen erhöht, zukünftig anders arbeiten zu wollen und die Verhältnisse nicht auf Vor-Pandemie-Zeiten zurückzudrehen. Doch wie geht man das am besten an? Welche Aspekte sind am wichtigsten? Wie gelingt das neben dem Tagesgeschäft? Und wie sorgt man dafür, Beteiligte nicht zu stark zu verunsichern oder zu überfordern?

Wir haben bereits über 400 Unternehmen erfolgreich dabei begleitet, sich flexibler und dynamischer aufzustellen, kundenorientierter zu arbeiten und Verantwortung zu dezentralisieren. Dabei setzen wir auf Beteiligung und Befähigung. Das heißt Führungskräfte und Mitarbeiter:innen aktiv in die Gestaltung einzubeziehen und Kompetenzen schnell aufzubauen.

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