LEADERSHIP -
EINE INTEGRATIVE PERSPEKTIVE

Das »3x2« Leadership Framework – ein Leitmodell für die Führung von Mitarbeitenden und Teams

Die Zahl der Führungskonzepte wächst rasant. Um nur einige zu nennen: »transformational«, »situativ«, »servant«, »authentisch«, »wertschätzend«, »empowering«, »digital«, »agil«. Das »3x2« Leadership Framework bringt Struktur in dieses Universum – kohärent und ganzheitlich, zugleich aber praxistauglich und instruktiv. »3x2« ist unser Leitmodell für die Entwicklung von Führungskräften.

Hier stellen wir das Modell vor.

INTEGRATIV IN VIELEREI HINSICHT

Entstanden mit dem Ziel, die wichtigsten Führungskonzepte in einem übersichtlichen Modell zusammenzufassen und damit einer Überblicksperspektive zugänglich zu machen, hat »3x2« den Anspruch, das unübersichtliche Feld der Leadership Best Practices ganzheitlich zu ordnen.  

»3x2« repräsentiert die Grundstruktur des Modells: Es schreibt Führungskräften drei übergeordnete Aufgaben zu, »Steuern«, »Binden«, »Entwickeln«. Diese Aufgaben stellen sich auf jeweils zwei Ebenen, die wir als »Fordern« und »Fördern« bezeichnen. Daraus ergeben sich 3 x 2 = 6 unterschiedliche Führungspraktiken. 

Während das zunächst statisch klingt, ist »3x2« doch ein situatives und damit ein dynamisches Modell: Gute Führung entsteht durch das flexible Zusammenspiel der sechs Praktiken – orientiert an den Agilitätsanforderungen, denen Mitarbeiter:innen und Teams jeweils gerecht werden müssen. 

Damit würdigt »3x2« die Unterschiedlichkeit der Führungswelten innerhalb einer Organisation. Stabile und einfache Umwelten benötigen eine andere Form der Führung als volatile und komplexe – »3x2« hilft Führungskräften beider Welten. In diesem Zusammenhang liefert das Modell schließlich auch eine stringente und theoretisch fundierte Antwort auf die Frage: Was ist »agile« Führung? 

Steuern, Binden, Entwickeln als übergeordnete Führungsaufgaben

Übergeordneter Zweck von Führung ist es, die Leistung von Mitarbeiter:innen und Teams zu fördern. Letztere definieren wir dabei als das Insgesamt der Beiträge, die Mitarbeiter:innen und Teams leisten, um ihre Organisation erfolgreich zu machen.

Diese Beiträge lassen sich drei Kategorien zuordnen: 

  1. »Liefern«: Pläne und Vorgaben umsetzen, vereinbarte Ziele erreichen;
  2. »Sich-Engagieren«: Beiträge, die nicht zum fachlichen Kern einer Rolle gehören, sondern eher als »freiwilliges« Engagement zu beschreiben sind:
    • auf andere Rücksicht nehmen, andere unterstützen;
    • mehr Einsatz und Sorgfalt an den Tag legen als erwartet (in diesem Sinne beispielsweise Zusatzaufgaben übernehmen);
    • proaktiv Probleme lösen, Prozesse verbessern, Geschäftschancen nutzen, damit eigeninitiativ zur positiven Entwicklung der Organisation beitragen;
  3. »Wachsen«: Schritt halten mit dem kontinuierlichen Wandel, der ein stetes Dazulernen erzwingt, und wirksam umgehen mit disruptiven Herausforderungen und Veränderungen.

Diese Bereiche werden durch sehr unterschiedliche Treiber und Barrieren beeinflusst. Sie zu gestalten, ist Aufgabe von Führung. Aus der Unterschiedlichkeit der Treiber und Barrieren ergeben sich drei übergeordnete Führungsaufgaben:

  1. »Steuern«: die Umsetzung von Plänen und das Erreichen vereinbarter Ziele fördern; 
  2. »Binden«: Identifikation und affektives Commitment für die Organisation schaffen, weil dies der Nährboden ist, auf dem freiwilliges Arbeitsengagement gedeiht; 
  3. »Entwickeln«: einen wirksamen Umgang mit kontinuierlichen und disruptiven Veränderungen fördern, mit anderen Worten: individuelles und organisationales Lernen sowie Agilität fördern.

Das Zusammenspiel von Fordern und Fördern

Was hat es mit den zwei Ebenen »Fordern« und »Fördern« auf sich? In jeder zwischenmenschlichen Beziehung gibt es Geben und Nehmen. Beziehungen gedeihen, wenn beide Seiten ein Gleichgewicht von Geben und Nehmen erleben, und sie verkümmern, wenn das Spiel von Geben und Nehmen aus der Balance gerät. All dies gilt selbstverständlich auch für Führungsbeziehungen.

In diesem Sinne bedeutet »Fordern«: die Interessen der Organisation in den Mittelpunkt stellen. Und »Fördern«: die Anliegen und Bedürfnisse von Mitarbeiter:innen achten, die den Interessen der Organisation gegenüberstehen. Eine Führungskraft, die erwartet, dass Mitarbeiter:innen zusätzliche Verantwortung übernehmen, sollte sich beispielsweise der reziproken Erwartungen bewusst sein, Unterstützung bei der Bewältigung schwieriger Aufgaben zu erhalten.

3x 2 = 6 Führungspraktiken 

Aus der geschilderten Konstellation ergeben sich 3 x 2 = 6 Führungspraktiken, die sich wie folgt definieren lassen (siehe auch Abbildung: Das 3x2 Leadership Framework):  

  1. »Motivieren«: Wertschätzung, Inspiration und emotionale Zuwendung geben;  
  2. »Vorleben«: Werteorientierung schaffen;  
  3. »Ermöglichen«: aufgabenspezifische Unterstützung und Freiraum geben;  
  4. »Fokussieren«: auf gemeinsame Ziele ausrichten und koordinieren;  
  5. »Befähigen«: Kompetenz- (und Karriere-) Entwicklung unterstützen;  
  6. »Innovieren«: kritisches Denken und Exploration anregen.  

Für diese 3 x 2 = 6 Führungspraktiken haben wir kompakte Trainingsmodule definiert, die wir bedarfsorientiert zu größeren Entwicklungsprogrammen zusammenfügen können. Werkzeuge für Feedback und Selbstreflexion entlang des »3x2« Modells ergänzen unser Angebot. 

Was »3x2« mit »VUKA« zu tun hat 

Das Konzept der »situativen« Führung sieht vor, dass Führungskräfte ein größeres Repertoire an Praktiken flexibel nutzen und sich dabei an definierten Herausforderungen orientieren, die es durch Führung zu gestalten gilt. Dieser Idee ist auch das »3x2« Modell verpflichtet.  

Arbeits- und Organisationsumwelten lassen sich entlang folgender Merkmale beschreiben, die wir landläufig als »VUKA« zusammenfassen: 

  1. Volatilität: Veränderungsdynamik,  
  2. Unsicherheit: mangelnde Vorhersagbarkeit von Ereignissen,  
  3. Komplexität: Mannigfaltigkeit, Anzahl und Interdependenz von Einflussgrößen,  
  4. Ambiguität: Unklarheit von Informationslagen. 

Je stabiler und einfacher die Umwelt, desto reifer das Wissen, wie vorgegebene Ziele zu erreichen sind – hier existieren Vorgaben und Pläne, die mit Sicherheit zum Ziel führen. In einer solchen Welt besteht die Aufgabe von Führung darin, eine zuverlässige Ausführung der vereinbaren Vorgaben und Pläne sicherzustellen. 

Je dynamischer und komplexer die Umwelt, desto geringer der Reifegrad dieses Wissens – es muss explorativ gearbeitet und u.U.  jeden Tag aufs Neue entschieden werden, was zu tun ist und wie. Hier sind die Agilitätsanforderungen hoch: Mitarbeiter:innen und Teams müssen schnell und flexibel handeln, um sich an veränderte Herausforderungen anzupassen. In einer solchen Welt besteht die Aufgabe von Führung darin, organisationales Lernen und Agilität zu ermöglichen.   

Abbildung: Verknüpfung 3x2 mit Agilitätsanforderungen (VUKA) zeigt, wie sich das Grundraster der 3 x 2 Führungspraktiken in ein situatives Leitmodell transponieren lässt: Unterschiedliche Ausprägungen von »VUKA« und – damit verbunden – unterschiedliche Reifegrade prozessbezogenen Wissens machen unterschiedliche Führungsstile notwendig. 

»Führungsstil« meint in diesem Zusammenhang nicht die persönliche Vorliebe einer Führungskraft, sondern die additive Kombination der sechs Führungspraktiken, ausgerichtet an den gegebenen Agilitätsanforderungen.  

  • In einer sehr stabilen Welt mit hoher Prozessreife: »Motivieren« + »Vorleben« + »Fokussieren«.  
  • In einer unsicheren Welt mit geringer Prozessreife: »Motivieren« + »Vorleben« + »Fokussieren« + »Ermöglichen« + »Befähigen« + »Innovieren«. 

Leitmodell für agile Führung

Welchen Beitrag leistet das »3x2« Leadership Framework mit Blick auf das immer noch unscharf definierte Konzept der »agilen Führung«?

Agile Führung zielt darauf ab, Arbeitsumwelten zu schaffen, in denen Mitarbeitende und Teams die an sie gestellten Leistungserwartungen (Kundenanforderungen) erfüllen können, obwohl ihre Arbeit in hohem Maße durch Unsicherheit (»VUKA«) erschwert wird.

Wie aber kann das gelingen? Hier werden zahlreiche Prinzipien, Verhaltensweisen, Haltungen bzw. »Mindsets«, Persönlichkeitseigenschaften etc. diskutiert. Es fehlt jedoch ein kohärentes Leitmodell. »3x2« kann diese Lücke füllen.
 
Schauen wir zunächst auf die Leitideen, die für agile Führung bisher diskutiert werden:
  • Autonomie bzw. Selbstorganisation ermöglichen und damit Mitarbeitende und Teams befähigen, flexibel und schnell auf Veränderungen zu reagieren;
  • Unterstützung geben, sowohl aufgabenbezogen als auch emotional; diese Idee wird durch das »Servant Leadership«-Konzept repräsentiert (siehe Infokasten);
  • Räume schaffen, in denen Lösungen explorativ bzw. iterativ erarbeitet werden können, also durch ein Pendeln zwischen Experiment und Reflexion bzw. Prototyping und Feedback;
  • Spannungen – d.h. Konflikte, negatives Feedback, disruptive Ereignisse – produktiv nutzen, nämlich als Treiber für Optimierung und Innovation.

Wir nutzen den Begriff »Empowerment«, um diese vier Aspekte zusammenzufassen. Aus unserer Sicht haben sie einen gemeinsamen Nenner, nämlich die Idee, Divergenz – also Vielfalt, Unterschiedlichkeit, Kreativität, Neudenken, Widerspruch, Dissonanz – zu fördern und produktiv zu nutzen.

Zugleich benötigt selbstorganisiertes Arbeiten einen Rahmen, der für die notwendige Orientierung und Abstimmung sorgt. Leitidee: Organisationen können in dem Maße Freiheitsgrade gewähren, wie zugleich »Leitplanken« existieren, die die Aktivitäten innerhalb eines Teams bzw. der Organisation koordinierend zusammenführen, die also Konvergenz schaffen. Die Schlagworte »Alignment« und »Aligned Autonomy« (siehe Infokasten) stehen für diese Idee.

Agile Führung besteht nun aus unserer Sicht darin, Konvergenz und Divergenz, »Alignment« und »Empowerment« in Balance zu bringen und diese Balance für die Organisation nutzbar zu machen. Diese Leitidee lässt sich mithilfe des »3x2«-Modells kohärent und ganzheitlich entfalten:

Agile Führung entsteht durch die Kombination aller sechs Führungspraktiken – mit dem Ziel, tragfähige Rahmenbedingungen für »Aligned Empowerment« zu schaffen. Drei Praktiken sind darauf ausgerichtet, »Alignment« zu schaffen, und zwar in einem dreifachen Sinne:

  • durch emotionale Bindung (»Motivieren«),
  • durch eine gemeinsame Werteorientierung (»Vorleben«),
  • durch gemeinsame Ziele und koordinative Aktivitäten (»Fokussieren«).

Die drei anderen Praktiken repräsentieren die Grunddimensionen von »Empowerment«:

  • »Ermöglichen«: Ressourcen zur Verfügung stellen, Hindernisse beseitigen, Selbstorganisation ermöglichen, Entscheidungsbefugnisse geben (diese Aspekte werden als strukturelles Empowerment zusammengefasst, siehe Infokasten),
  • »Befähigen«: Wirksamkeit fördern durch Coaching (kompetenzorientiertes Empowerment),
  • »Innovieren«: exploratives und iteratives Arbeiten ermöglichen, einen konstruktiven Umgang mit Spannungen (»Entwicklungstreibern«) fördern (innovationsorientiertes Empowerment).

Fazit

Wir haben »3x2« in zahlreichen Organisationen eingesetzt, um Leadership-Kompetenzmodelle und Feedbackprozesse, Trainings- und Coaching-Initiativen sowie Programme mit komplexen Lernarchitekturen zu gestalten. Unser Fazit aus diesen Projekten: Die integrative Kraft des Modells birgt ein enormes Potenzial, Führungskräfteentwicklung effektiver und nachhaltiger zu gestalten. 

Führungskräften, die sich in agilen Kontexten bewähren müssen, kann »3x2« ein hohes Maß an Struktur und Rollensicherheit geben. Ein wichtiger Mehrwert des Modells – denn Rollensicherheit ist nicht die einzige, aber eine wichtige Vorbedingung dafür, anderen Handlungs- und Entscheidungsfreiheit zu überlassen.

 

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Kunden schätzen Marc Solgas Fähigkeit, offen und wertschätzend an unterschiedlichste Stakeholder und Subsysteme anzukoppeln. Sein liebstes Spielfeld ist die Entwicklung von Führungsteams im Kontext organisationaler Transformationsprozesse.

Marc Solga

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Aligned Autonomy 

Geprägt von Henrik Kniberg, ehemals Agile Coach bei Spotify, macht das Konzept deutlich, dass Selbstorganisation und insbesondere Netzwerke aus selbstorganisierten Teams koordinative Strukturen und Prozesse benötigen, damit alle an einem Strang ziehen und das Prinzip »Selbstorganisation« den Unternehmenszielen dienen kann.

Servant Leadership 

Kein Konzept, das erst in jüngster Zeit und für agile Welten entwickelt wurde. Robert Greenleaf hat es, inspiriert durch christliche Werte, bereits in der 1960-er-Jahren entwickelt. Leitidee: die aufgabenbezogene und emotionale Unterstützung anderer in den Mittelpunkt von Führung stellen. »The servant-leader is servant first. It begins with the natural feeling that one wants to serve. Then conscious choice brings one to aspire to lead« (Greenleaf, 1970, p. 13). 

Empowerment 

In der Organisationspsychologie werden zwei Konzepte von Empowerment unterschieden. Gemeint sind einerseits Strukturen und Prozesse, die Verantwortung übertragen und Handlungs- und Entscheidungsspielräume schaffen (strukturelles Empowerment). Psychologisches Empowerment ist dagegen das Erleben von Sinnhaftigkeit, Selbstbestimmung, Einfluss und Kompetenz. »Empowering Leadership« ist als eine Form von Führung definiert, die psychologisches Empowerment fördern soll und sich dabei auch, aber nicht nur der Mittel strukturellen Empowerments bedient.