OKR VS. STRATEGIE

CIDPODCAST ZUM NACHLESEN: REIHE CIDCPRACTICES, FOLGE #09

Das Zusammenspiel von OKR und Strategie: In dieser Podcast-Folge gehen Johannes Burr und Peter Tscherne (Associates bei cidpartners) der Frage nach: Brauchen OKRs eine Strategie oder die Strategie OKRs? Gemeinsam sprechen sie über den Weg zur Strategie und ihre Weiterentwicklung durch OKRs.

DAS ZUSAMMENSPIEL VON OKRS UND STRATEGIE

Johannes Burr: Wir knüpfen hiermit an die letzte Podcast Folge mit Johannes Müller von Workpath an, in der es um die Implementierung von OKRs ging.

Peter Tscherne und ich, Associates und Berater bei cidpartners, spannen den Bogen weiter und sprechen heute über das Zusammenspiel von OKRs und Strategie. Starten wir mit dir, deinem Background und Berührungspunkten zu OKRs, Peter.

Peter Tscherne: Ich bin seit mehr als 20 Jahren bei cidpartners und habe eine große Leidenschaft für Visions- und Strategiearbeit. In diesem Kontext habe ich vor einigen Jahren OKRs kennen- und lieben gelernt, denn sie sind ein tolles Tool, um Strategie „auf die Straße zu bringen.“

Außerdem arbeite ich für verschiedenste Branchen. Mein zweiter Schwerpunkt sind interne Kommunikationsarchitekturen und Veränderungsprozessen.

OKR UND STRATEGIE: DEFINITION UND PRAXIS

Johannes Burr: Bevor wir die Frage klären, ob OKRs eine Strategie brauchen oder die Strategie OKRs braucht, starten wir mit dem Thema Objektive und Key Results. OKR, so sagt John Doerr in seinem Buch "Measure What Matters" ist eine Managementmethode, die dazu beiträgt, dass ein Unternehmen seine Anstrengungen auf gemeinsame wichtige Themen in der gesamten Organisation konzentriert. Also: OKRs verbinden die langfristige Strategie mit der operativen Ebene der Strategieumsetzung. Nun die Frage an dich: Was ist dem Gegenüber eine Strategie?

Peter Tscherne: Im Idealfall ist die Strategie das, was die Organisation und die Menschen darin mittel- bis langfristig leitet und ihnen Orientierung gibt.

Johannes Burr: Wie erlebst du das in der Praxis: Haben alle in der Organisation, jedes Team und jeder Bereich eine Strategie?

Peter Tscherne: Jein. Viele Organisationen erarbeiten Strategien, auch klare und gute, kommunizieren sie allerdings nicht richtig und nehmen an, die Arbeit ist für die nächsten zwei, drei Jahre getan. Stattdessen fängt es dann eigentlich erst an. In vielen Unternehmen gibt es nur eine übergeordnete Strategie. Diese wird oft lieblos auf PowerPoint Slides festgehalten und ist bei den Leuten, die dort arbeiten, nicht verinnerlicht. Die Mitarbeitenden und Führungskräfte sind jedoch diejenigen, die das letztendlich auf die Straße bringen sollen.

„Die Mitarbeitenden und Führungskräfte, sind (...) diejenigen, die (die Strategie) letztendlich auf die Straße bringen“

STRATEGIE AUF DIE STRAßE BRINGEN – MIT HILFE VON OKRS?

Johannes Burr: Du betonst das "auf die Straße bringen." Wir erleben in Organisationen und mit Führungskräften, dass dieses "Auf die Straße bringen" explizit gewünscht ist. In komplexen Zeiten ist es mehr denn je wichtig und gewollt, den einzelnen Mitarbeitenden autonom und selbstorganisiert handeln zu lassen.

Eine Studie rund um das Thema Strategie und Strategieumsetzung, bestärkt dies: 71 % der befragten Führungskräfte geben an, dass das Engagement der Mitarbeitenden entscheidend für den Erfolg ihres Unternehmens ist. Drei andere Studien verwundern jedoch. Eine Studie des MIT besagt, dass 87 % des mittleren Managements, das für die Umsetzung der Strategie verantwortlich ist, die zentralen strategischen Prioritäten des Unternehmens nicht benennen können. Gartner Studien besagen außerdem, dass 67 % der Mitarbeitenden ihre Rolle bei der Erreichung neuer strategischen Initiativen nicht verstehen und dass 67 % der Aufgaben in Teams nicht ausreichend auf die Strategien der Geschäftsbereiche und des Unternehmens abgestimmt sind. Das erschwert „das auf die Straße bringen“, oder?  

Peter Tscherne: Richtig. Doch OKRs können helfen und zwingen die Organisation, die Strategie scharf zu formulieren, transparent zu machen und schließlich zu kommunizieren. Man muss in einen klaren Strategieprozess gehen und überlegen: „Was sind die zentralen Entwicklungen auf dem Markt für unsere Produkte und Kund:innen? Was müssen wir tun, damit wir weiterhin erfolgreich sind?“ OKRs verlangen geradezu eine Strategie, die im gesamten Unternehmen verankert und bekannt ist.

DER WEG ZUR KLAREN STRATEGIE

Johannes Burr: OKRs und das operative Tun in einer Organisation brauchen folglich erst mal eine Strategie. Wie gehst du mit Kund:innen vor, falls sie die Strategie noch nicht haben oder mit dem aktuellen Stand nicht zufrieden sind?

Peter Tscherne: Wenn wir in der Vorbereitung oder Konzeptionsphase beobachten, dass es keine ausgearbeitete Strategie gibt oder sie aktualisiert werden muss, beginnen wir den Blick zu weiten und überlegen, welche Anspruchsgruppen es gibt und wer uns helfen könnte beim Blick auf die Trends, den Markt und wichtige Entwicklungen. Das machen wir gemeinsam mit Führungskräften und Vorständen. In mehreren iterativen Terminen entwickelt man daraus erste strategische Szenarien und überlegt die Richtung der Entwicklung und die zentralen Bearbeitungsfelder. Man erstellt einen ersten Prototyp, den man mit wichtigen Anspruchsgruppen erprobt. So kommt man in iterativen Schritten zu einer Verdichtung der wichtigsten strategischen Stoßrichtungen und Ziele. Das dauert je nach Unternehmen zwischen drei bis neun Monaten.

Im Idealfall gibt dies für die nächsten ein bis zwei Jahre eine Orientierung. Gleichwohl ist das erst der Startpunkt und kann sich durch Dinge, wie zum Beispiel Covid oder den Ukrainekrieg, ändern.

Johannes Burr: Offensichtlich brauchen wir für OKRs eine Strategie als Anknüpfungspunkt. Denn, um „Dinge auf die Straße bringen“, muss ich bereits wissen, wo ich hin will und die Straße hinführt: Ausrichtung und Strategie. Brauche ich denn umgekehrt OKR für die Strategie?

BRAUCHT DIE STRATEGIE IM GEGENZUG OKR?

Peter Tscherne: Auf jeden Fall. Wie ausgeführt, ist es für die Formulierung der OKRs wichtig, die Strategie klar zu haben - das gibt Orientierung. Umgekehrt ist OKR genau das Tool, um Strategie greifbarer und konkreter zu machen und für die Mitarbeitenden und Führungskräfte erlebbar zu machen, was sie dazu beitragen können. Man bricht größere strategischen Ziele auf drei oder vier Monatsebenen runter, sodass alle wissen, wie er oder sie daran mitwirkt, die Strategie zu erfüllen. OKR ist ein gutes Tool, um in Unternehmen eine gemeinsame Fokussierung und Ausrichtung zu schaffen.

„OKRs (sind) genau das Tool, um Strategie greifbarer und konkreter zu machen und für die Mitarbeitenden und Führungskräfte erlebbar zu machen, was sie dazu beitragen können“

Indem man Strategie und OKRs gemeinsam einsetzt und bearbeitet, geht man einen Weg, der steinig und schwierig ist, aber unglaublich lohnenswert. Mit dem (wiederholten) Durchlaufen des Prozesses erreicht man deutlich mehr Engagement und Freude bei den Mitarbeitenden und Führungskräften.

Johannes Burr: OKR ist unter anderem ein Strategie-Umsetzungsinstrument. Insofern braucht auch die Strategie OKRs. Sie schaffen ein Gefühl für Wirksamkeit, Transparenz, Priorisierung und Fokus. Wir benutzen gerne das Bild der Strategie als großer Elefant im Raum – präsent, wichtig und etwas erschlagend. Angelehnt an das englische Sprichwort "How to eat an elefant?" geht es darum, eine Strategie verdaubar zu machen und in kleine Happen zu schneiden.

DIE ROLLE VON OKRS BEI DER WEITERENTWICKLUNG VON STRATEGIE

Strategieentwicklung ist etwas Iteratives und somit kontinuierlich und nicht abgeschlossen. Spielt OKR bei der Weiterentwicklung von Strategie eine Rolle? Oder ist die Stärke von OKR vor allem die Umsetzung dieser zu ermöglichen?

Peter Tscherne: Beides: zum einen die Umsetzung, zum anderen aber auch das Weitergeben von relevanten Themen hoch zur Unternehmensführung. Dadurch, dass Teams und Bereiche eigene OKRs erarbeiten, kommen Themen ans Licht, die die Leitung möglicherweise nicht im Blick hat. Diejenigen, die die tägliche Arbeit vor Ort verrichten wissen, was die Kund:innen wirklich wollen.

Damit ist OKR ein tolles Tool, um die Strategie immer wieder in Frage zu stellen, zu schärfen, anzureichern und in eine neue Richtung zu bringen. In dem Moment, in dem die Strategie erarbeitet ist, beginnt dieser Prozess, sodass es durchaus sein, dass sich die Strategie mit den OKRs weiterentwickelt. Denn das Thema Flexibilität, das bei OKR besonders ist, ist auch für Strategien unglaublich wichtig. Die Anpassungsfähigkeit eines Unternehmens gelingt durch die Anpassungsfähigkeit einer Strategie.

„Die Anpassungsfähigkeit eines Unternehmens gelingt durch die Anpassungsfähigkeit einer Strategie “

Johannes Burr: Strategie-Weiterentwicklung begegnet einem häufig im Zusammenhang und Formulieren von OKRs. Bottom-up kann dabei eine große Rolle spielen, da die Leute im Maschinenraum nah an Markt, Kund:innnen und Entwicklungen sind. Damit fassen wir das Pendel von Top-down und Bottom-up noch einmal weiter. Bei welchen Ritualen, Meetings und Momenten des OKR-Zyklus erfolgt die Rückkopplung für die Strategie-Weiterentwicklung?

Peter Tscherne: Auf jeden Fall beim Alignment-Meeting - der gemeinsamen Ausrichtung. Dort treffen sich Teams und Bereiche horizontal und vertikal, sodass Themen, bezogen auf Inhalte, Zusammenarbeit, Prozesse und Struktur, sichtbar werden. Aber auch bei den Reviews und Retros, wo auf die Inhalte der OKRs geschaut wird. Es ist ein wertvoller Prozess, die Inhalte und Ergebnisse der Meetings an die Unternehmensleitung zurückzuspielen, damit sie für die Weiterentwicklung genutzt werden können. Wir werben und kämpfen für die Umsetzung der Meetings, beobachten das jedoch noch zu selten.

OKR: EIN INSTRUMENT ZUR ORGANISATIONSENTWICKLUNG UND -WEITERENTWICKLUNG

Johannes Burr: Zusammenfassend: OKR ist ein Instrument zur Organisationsentwicklung und -weiterentwicklung. Im ersten Schritt geht es darum zu sagen: „Toll, dass wir Reviews durchführen“, um dann im nächsten zu wissen: „Toll, dass wir das in einem Klima machen, in dem es nicht um Ergebnispräsentation geht, sondern darum, Erfolge zu feiern und zu schauen, was wir erreicht und gelernt haben und beim nächsten Mal besser machen können.“ In der von dir skizzierten dritten Evolutionsstufe, geht es dann darum, darüber hinaus die Reviews zu nutzen, um dem Topmanagement Feedback für die eigene Strategie-Weiterentwicklung zu geben.

Das ist modernes Organisationszusammenspiel und ich erlebe das ähnlich wie du, noch nicht in jeder Organisation. Aber man spürt, wie viel Chance und Kraft drinsteckt und dass es eine Möglichkeit bietet, Strategien kontinuierlich iterativ weiterzuentwickeln.

Abschließend: Nicht nur OKRs brauchen eine Strategie, sondern auch die Strategie braucht für ihre Umsetzung OKRs. Außerdem können OKRs dabei helfen, Strategien kontinuierlich weiterzuentwickeln. Was arbeitet in dir in diesem Zusammenspiel noch?

Peter Tscherne: Spaß, Lust und gute Energie. Ich bin der Meinung, OKR und auch Strategieentwicklung sollen und können Spaß machen. OKRs ermöglichen auf der Objective-Ebene Reflektion und Austausch über die Zukunft und Visionen. Es bietet die Möglichkeit, um in Teams und Bereichen festzulegen, was das träumerische Ziel oder die OKR- und Strategieentwicklung in den nächsten Monaten oder Jahren sein könnte. Das ist fantastisch und macht Freude.

Johannes Burr: Spaß, Leidenschaft und vor allem die Beteiligung möglichst vieler Mitarbeitender als Mitgestalter:innen, steigern das Engagement und die Lust auf mehr, denn Mitarbeitende verstehen ihre Rolle bei der Erreichung der Strategie. Wenn das erfolgt, verändern sich möglicherweise auch die Ergebnisse von Studien, wie ich sie anfangs zitiert habe.

Habt ihr das selbst bei euch in der Organisation erlebt und praktiziert? Wir sind gespannt, was eure Gedanken dazu sind. Kontaktiert und schreibt uns gerne. Das Thema ist hochspannend und aktueller denn je.

Shownotes

In dieser Folge von cidPodcast sprechen Johannes Burr und Peter Tscherne (Associates bei cidpartners) über den Zusammenhang zwischen OKRs (Objectives and Key Results) und Strategie und wie sie in Organisationen erfolgreich eingesetzt werden können.

OKRs sind ein wichtiges Instrument, um die langfristige Strategie mit der operativen Umsetzung zu verbinden. Sie helfen Organisationen, die Strategie transparent und kommunizierbar zu machen. Entscheidend für die Umsetzung der Strategie sind die Mitarbeitenden und Führungskräfte, die mit Hilfe von OKRs eigenverantwortlich und selbstorganisiert arbeiten können.

Möchtest Du mehr über Strategie erfahren? Dann schaue Dich auf unserer Webseite um: https://cidpartners.de/strategie.html

Möchtest du mehr über OKR erfahren? Dann schaue Dich auf unserer Website um: https://cidpartners.de/ansatz/methode-objectives-and-key-results-okrs.html

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