Dynamische Organisation

Wie können Organisationen effektiver mit Komplexität und Veränderung umgehen?

Komplexität und Dynamik sind zu allgegenwärtigen Phänomenen des Wirtschaftslebens geworden. In einer komplexen und dynamischen Welt versagen aber die tradierten Steuerungslogiken und Bauprinzipen von Organisationen. Deshalb experimentieren immer mehr Organisationen mit Struktur- und Prozessmodellen, die der Herausforderung, »VUKA« zu meistern, wirksamer begegnen können.

Diese Ansätze werden als »responsiv«, »agil« oder »dynamisch« bezeichnet. Die Begriffe »responsiv« und »agil« heben das Ziel hervor, nämlich schneller und flexibler auf Veränderungen im operativen Kontext reagieren zu können. »Dynamisch« betont das Prozesshafte im Organisationsdesign und die Prinzipien, durch die es ermöglicht wird, etwa das Arbeiten in dynamischen Rollen und selbstorganisierten Kreisen bzw. Teams oder das kontinuierliche Fortentwickeln der Organisation durch die Verarbeitung von Spannungen.

Spielarten des dynamischen Organisationsmodells verbergen sich hinter Begriffen wie »Soziokratie«, »Holacracy«, »Teal-Organisation«, »kollegiale Kreisorganisation«, »Beta-Kodex« oder »Market-Oriented Eco-System«. Hinzu kommen die mittlerweile kaum noch überschaubaren Varianten der auf Scrum oder Kanban basierenden agilen Skalierungsframeworks.

Wir begleiten Organisationen dabei, dynamische Prinzipien und Steuerungswerkzeugen zu erproben, um schneller und flexibler auf Wandel reagieren zu können. Hier stellen wir die Grundprinzipien, Strukturbausteine und Prozesselemente der dynamischen Organisationen in aller Kürze vor.

 

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Grundprinzipien dynamischer Organisationsmodelle

Folgende Grundprinzipien bestimmen das Leben und Arbeiten in der dynamischen Organisation:

  • Selbstorganisation - Rollen, Kreise und Teams agieren selbstorganisiert und entscheiden, im Rahmen ihrer Befugnisse, autonom. Sie werden nicht zentral kontrolliert oder gelenkt.
  • Verteilte Autorität - Jeder darf alles Entscheiden, es sei denn die Befugnis liegt explizit bei einer anderen Rolle.
  • Sinn und Zweck (Purpose) - Sinn und Zweck dienen der Organisation als Anker und Fixpunkt. Gleiches gilt für Rollen und Teams – auch sie sind dem Sinn und Zweck verpflichtet, der ihnen eingeschrieben ist.
  • Transparenz und Klarheit - Alle Akteure haben freien Zugang zu Wissen und relevanter Information. Zugleich wird für Transparenz bezüglich der Befugnisse und Verantwortlichkeiten gesorgt. Dies schafft Klarheit für Entscheidungsprozesse – und auch Verbindlichkeit.
  • Nutzung von Spannungen - Die Organisation entwickelt sich stetig weiter, indem sie Spannungen prozessiert (d.h. Konflikte, Störungen, Chancen, Ideen expliziert und in Lösungen für die Organisation überführt). Das Integrieren von Perspektiven und Einwänden spielt dabei eine wichtige Rolle.
  • Iterative Verbesserungen - In Gang gesetzt durch den Entwurf eines Prototyps entwickelt sich die Organisation durch ein stetes Wiederholen von Verbesserungszyklen.

Strukturbausteine und Prozesselemente dynamischer Organisationsmodelle

Dynamische Organisation lassen sich aus zwei Perspektiven beschreiben, einer topografischen und einer prozeduralen. Die Perspektiven ergänzen einander.

Die topografische oder »konfigurale« Perspektive entspricht dem, was in konventionellen Organisationsdesigns das Organigramm wäre. Sie beschreibt die Arbeitsteilung der Rollen und Kreise bzw. Teams.

Das wichtigste Strukturelement ist die dynamische Rolle. Dynamische Rollen unterscheiden sich von konventionellen durch Folgendes:

  • Die dynamische Rolle ist kompakter, ihr Zweck ist enger definiert. Deshalb können Rollen leichter und mit weniger Vorbereitung bzw. Ausbildung weitergegeben bzw. übernommen werden.
  • Die dynamische Rolle ist veränderlich. Sie wird bedarfsorientiert kreiert, revidiert, transformiert und verworfen.
  • Die Träger einer dynamischen Rolle priorisieren und entscheiden autonom.

Ein Kreis ist eine Rolle, die sich – um Komplexität zu managen und Arbeit zu teilen – weiter aufgegliedert hat. Kreise operieren selbstorganisiert. Sie lassen sich in zwei Bereiche untergliedern, nämlich in marktorientierte und Plattform-Kreise. Markorientierte Kreise bieten Produkte und Dienstleistungen für externe Kunden an; Plattformkreise ermöglichen und unterstützen die Arbeit der marktorientierten Kreise beispielsweise durch IT, Controlling oder Personalmanagement.

Dynamische Organisation: Topografie bzw. Konfiguration
Dynamische Organisation: Topografie bzw. Konfiguration

Die prozedurale Perspektive macht die Prozesse sichtbar, die der dynamischen Organisation ihren Rhythmus geben und über die sich die dynamische Anpassung und Weiterentwicklung der Organisation vollzieht.

Meetingformate sind zentrale Elemente in der Prozessarchitektur des dynamischen Organisationsmodells. Drei Formate sind von besonderer Relevanz: das operative Meeting, das Steuerungsmeeting und das strategische Meeting. Der gemeinsame Nenner dieser Meetings ist das Bearbeiten von Spannungen. Spannungen sind erlebte Diskrepanzen zwischen Potenzial und Realität. Menschen sind Sensoren für diese Spannungen. Ziel der Bearbeitung von Spannungen ist es, die Organisation kontinuierlich weiterzuentwickeln und die Anpassungsfähigkeit der Organisation zu erhöhen.

Dynamische Organisation: Prozessmodell
Dynamische Organisation: Prozessmodell